Die vier Grundbedürfnisse unserer Psyche

Kennst du die vier Grundbedürfnisse unserer Psyche? 

Das erste Grundbedürfnis ist die Bindung, denn Bindung ist für uns Menschen überlebenswichtig. Ein Baby, das nicht versorgt wird, hat keine Chance zu überleben, da wir Menschen auf Bindung zu einem anderen Menschen angewiesen sind. Auch als Erwachsene brauchen wir, um unser Überleben zu sichern, Bindung in Form von Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Aber was braucht es eigentlich, um Bindung überhaupt eingehen zu können? Anpassungsfähigkeit. Denn nur wenn wir in der Lage sind uns anzupassen, ist ein Miteinander möglich.

Autonomie und Sicherheit sind unser zweites psychisches Grundbedürfnis also die Fähigkeit, eigenständig zu handeln. Schon Kleinkinder lieben es, ihre Umgebung zu erforschen, sie brauchen die Erfahrung, etwas ohne Hilfe zu bewältigen. Dahinter steht unser aller Ziel, unabhängig von unseren Eltern/Bezugspersonen zu werden. Damit geht auch unser Bedürfnis nach Sicherheit einher, denn autonom zu sein bedeutet die Kontrolle zu übernehmen und das gibt wiederum Sicherheit. Wir sind auch bestrebt, Einfluss auszuüben, um nicht hilflos und ohnmächtig zu sein. Daher brauchen wir die Erfahrung, dass unser eigenständiges Handeln, etwas bewirkt. Wie gelingt Selbstständigkeit? Durch Abgrenzungsfähigkeit, indem wir für uns einstehen und in der Lage sind, nein zu sagen. Werden wir in unserer Kindheit überbehütet und kontrolliert, können wir uns nicht autonom entfalten. Das kann wiederum dazu führen, dass wir uns selbst nichts zutrauen, unselbstständig sind und somit abhängig von anderen werden, die für uns die Verantwortung übernehmen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass wir aufgrund des Mangels an Autonomieerfahrung ein enormes Bestreben nach Freiheit und Macht erlangen, was sich wiederum auf unsere Beziehungsfähigkeit auswirkt. Jemand der frei leben will, will sich nicht anpassen, wodurch Beziehung nicht möglich ist.

Das dritte Grundbedürfnis ist unser Bedürfnis nach Selbstwert und Anerkennung also unser Bedürfnis, uns wertvoll und angenommen zu fühlen. Bindung ist eine Form der Anerkennung. Wenn wir von unseren Eltern angelächelt werden, haben wir das Gefühl, dass sie sich über unser Dasein freuen. Durch diese Anerkennung fühlen wir uns gestärkt und selbstsicher und entwickeln unseren Selbstwert. Dieser wirkt sich darauf aus, wieviel Zuspruch wir von unseren Mitmenschen benötigen. Unser Selbstwert ist somit maßgeblich dafür entscheidend, wie zufrieden wir mit uns und unserem Leben sind.

Zwischenmenschliche Beziehungen also Bindungen aufzubauen, beschäftigt uns somit das ganze Leben. Gleichzeitig sind wir aber laufend darum bemüht, unsere eigenen Interessen durchzusetzen, um Autonomie zu erlangen. Je besser uns die Balance zwischen Bindung und Autonomie gelingt, umso positiver wirkt sich dies auf unseren Selbstwert aus, also auf den Wert, den wir uns selbst zuschreiben. Gelingt uns dies, müssen wir andere nicht herabwürdigen oder ausgrenzen, um uns besser zu fühlen, wir gehen freundlicher miteinander um und sind freier. Wird unser Bedürfnis nach Bindung in der Kindheit nicht erfüllt, leidet unser Selbstwertgefühlt. Bei schwerer Vernachlässigung reichen die Folgen bis zu psychischen Störungen. In den meisten Fällen wird die Bindungsfähigkeit derart beeinträchtigt, dass Bindung entweder vermieden wird oder sich ein klammerndes Bindungsverhalten entwickelt, das bis hin zur Abhängigkeit vom Partner oder anderen Menschen führen kann.

Unser viertes Grundbedürfnis ist jenes nach Lustbefriedigung also beispielsweise Lust beim Essen, Sport oder Freizeitbeschäftigungen. Wir streben danach, Lust zu empfinden und Unlust zu vermeiden. Im Säuglings- und Kleinkindalter ist es wesentlich, dass Unlustgefühle wie Hitze, Durst, Hunger durch unsere Eltern genommen werden, wodurch Lustgefühle im Sinne von Wohlbefinden entstehen können. Andernfalls leidet auch die Bindung. Auch das Autonomiebedürfnis kann zu kurz kommen, wenn Kindern alles verboten wird, obwohl sie es gerne ausprobieren würden. Warum ist es wichtig, dass wir in der Kindheit einen angemessenen Umgang mit Lust und Unlust erlernen? Wird uns beispielsweise bei Süßigkeiten alles verboten, kommt unser Lustempfinden zu kurz, was zu maßlosem Verhalten im Erwachsenenalter führen kann. Werden wir zu sehr verwöhnt, entwickeln wir wiederum keine Frustrationstoleranz.

Unsere Psyche ist somit nicht nur auf den vier Säulen „Bindung, Autonomie/Sicherheit, Selbstwert/ Anerkennung und Lustempfinden aufgebaut, diese vier Grundbedürfnisse stehen auch im Wechselspiel zueinander. Sie haben weitreichende Auswirkung auf unsere Persönlichkeit und unsere Beziehungen, auf unser Leben.

Hast du den Eindruck, dass eines oder mehrere der vier Grundbedürfnisse in deiner Kindheit zu kurz gekommen sind? Die positive Nachricht ist, dass du zu jedem Zeitpunkt in deinem Leben in der Lage bist, an deiner Persönlichkeit zu arbeiten und dich weiterzuentwickeln.

Auf Wunsch berate ich dich gerne online, im GesundheitsCentrum Preding oder bei einem Hausbesuch im Raum Leibnitz, Deuschlandsberg und teilweise Graz-Umgebung.

Quellenverzeichnis:

STAHL, Stefanie/TOMUSCHAT, Julia (2018): Nestwärme, die Flügel verleiht. Gräfe und Unzer Verlag GmbH.: München.

STAHL, Stefanie (2015): Das Kind in dir muss Heimat finden. Kailash Verlag. München.